Das Lied von Störtebeker

Störtebeker und Gödeke Micheel¹,
de roveden beiden to gliken Deel
to Water un to Lande,
so lange, dat it Gott van Hemmel verdroot;
do mosten se liden grote Schande.

Störtebeker sprook: » Alltohand !
De Westsee ² is uns wollbekannt;
dahin wölln wi nu faren.
De riken Kooplüd van Hamborg
mögt jem eer Scheep nu waren.«

Nu lepen se wi dull dahin
in eren bösen Röwersinn,
bit dat man jem kreeg faten.
Bit Hilgeland in aller Fröh,
da mussen se't Haar woll laten.

De bunte Koh ut Flandern kamm,
dat Roovschipp op de Hören namm
und stött ett wiß in Stücken.
Dat Volk se brogg'n na Hamborg up;
da mussen se'n Kopp all missen

De Vrone , de heet Rosenfeld
haut af so manken wilden Held
den Kopp mit kühlem Mote.
He hadde angeschnörte Schoh;
bit an sien Enkel stunn he in Blote.

Volkslied - Version um 1880
  
rovenden =
glicken Deel =
verdroot =
Alltohand =
riken =
Kooplüd =
Scheep =
waren =
Röwersinn =
Hilgeland =
Roovschipp =
Hören =
stött =
wiß =
brogg'n =
Kopp all missen =
Vrone =
Mote =
Enkel =
räuberten, raubten
gleichen Teilen
verdroß
Umgangssprachlich für „Allerhand”
reichen
Kaufleute
Schiff
wahren
Räubersinn
Helgoland
Räuberschiff
Hörner
schoss
geschwind, schnell
brachten
sie wurden geköpft
Scharfrichter, Henker
Mut
Ende
¹ Micheel Gödeke war ebenfalls Pirat
² Westsee = Nordsee
³ bunte Koh → Die »Bunte Kuh« war eine in Flandern gebaute Hansekogge, galt als das größte Schiff der Hanseflotte und führte 1401 den Angriff auf Klaus Störtebeker an.

Auch as en geborener Hamburger kann ich kein perfektes Plattdüütsch. Bei der Wortsuche habe ich unterschiedliche Versionen in unterschiedlichen Varietäten des Niederdeutschen (Plattdeutschen) gefunden. Die hier vorgestellte Version stammt aus dem Buch „Lieder und Sprüche auf Hamburg” aus dem Jahr 1942.
Es gehörte zu den beliebtesten Volksliedern seiner Zeit, das allerdings nur in einem kleinen Bruchstück erhalten geblieben ist. Lediglich die erste Strophe des Störtebeker-Liedes stammt aus dem Jahr 1402.
Das Störtebekerlied hat in seiner niederdeutschen Fassung Jahrhunderte hindurch im Volksmunde gelebt und ist wohl im 15. Jahrhundert durch die Hanse an der ganzen norddeutschen Küste verbreitet worden. Nachweislich wurde das Lied noch Ende des 19. Jahrhunderts von Schiffern gesungen.
Die Melodie, die lange verschollen war, ist vor gut 100 Jahren in einem in der königlichen Bibliothek zu Kopenhagen, befindlichen deutschen Liederbuch aus dem 17. Jahrhundert gefunden worden.

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