Sommer 1929
Recht erwartungsvoll waren die Freundinnen und Freunde am Sonntag nach unserem Gelände gezogen.
Erwartungsvoll in zweifacher Hinsicht, einmal freute man sich darauf, so manchen aus den Ferien zurückgekehrten Freund wiederzusehen und sich all das Schöne, was er oder sie geschaut und erlebt, berichten zu lassen, zum anderen aber hatte man mancherlei munkeln hören, dass der erfindungsreiche Zauberkünstler Ado etwas ganz Neues, Phänomenales in Patho habe.
Ein herrlicher Sonntag war angebrochen. Leichte, weisse Wölkchen segelten dahin. Ein frohgemutes Treiben entwickelte sich schon in aller Frühe und bald war allenthalben fröhliches Liga-Leben im Gange.
Da erscheint plötzlich Freund Ado mit geheimnisvoller Miene, begleitet von zwei Helfern, die ein riesiges Paket schleppen. Neugierige Fragen werden nur mit einem vielsagenden Lächeln beantwortet. Schweigend packten sie eine grosse, seidige Hülle aus, auf der die staunenden Freunde die grossen Buchstaben „L.f.f.L.” lesen.
Nun setzt unter Ados Kommando ein emsiger Betrieb ein. Die Hülle wird auseinandergezogen und hochgehalten, damit unten die auf Asbest montierte Heizpatrone angebracht werden kann. Sodann wird diese entzündet und bald dehnt die aufsteigende Heissluft die Hülle, bis der Ballon sich prall im Winde wiegt und nur mit Mühe von einigen Freunden noch gehalten werden kann.
Jetzt wird noch eine Puppe unten verstaut, die sich dann einige Zeit nach dem Aufstieg automatisch loslösen und mit einem Fallschirm niedergehen soll.
Jetzt wird der Ballon losgelassen, und unter allgemeinem Jubel schwebt er über das Gelände dahin, hebt sich rasch in grosse Höhe und treibt langsam den Kreichgauer Höhenzügen zu. Leider hat die Puppe versäumt, sich rechtzeitig zu lösen. Wollte sie die Abfahrt mit dem Fallschirm nicht riskieren, oder gefiel ihr der Höhenflug besser? Wir wissen's nicht und konnten's auch nicht erfahren, denn bald entschwand der Ballon, der den Namen unserer Liga über die Lande trug, am Horizont, und wir haben ihn nebst Puppe nicht mehr gesehen.
Ludwig W., Karlsruhe
Text und Bilder aus „Licht-Land”, Nr. 1 / 1. Januar 1930zurück