Essays
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Das FKK-Bild
Gibt es für einen Hobbyfotografen etwas Schöneres, als alleine mit seinem Modell die herrliche Morgensonne zu genießen ?
„Sei doch nicht so verkrampft”, rufe ich meiner Frau zu. „Beweg dich ganz natürlich. Geh noch mal zurück und schau nicht mich an. Tu einfach so, als wenn niemand da wäre....”
Noch bevor meine Frau etwas ungehalten reagieren kann, ist eine ältere Dame neben mich getreten. „Hier auf unserem FKK-Gelände ist fotografieren verboten.”. ”Es handelt sich um meine Frau”, entgegnete ich freundlich. „Und wenn es ihre Mutter ist, wir möchten nicht mit aufs Bild”.
Verwundert schaue ich umher, und richtig, dort oben am Waldrand versucht ein älterer Herr, seinen Liegestuhl aufzubauen. Lächelnd wende ich mich wieder der Dame zu: ”Sie sind viel zu weit weg. Da kann man Sie gar nicht erkennen.” Doch die ältere Dame akzeptiert das nicht und droht mit dem Vorstand.
Dabei wäre alles ganz einfach, wenn sie nur bereit wäre, durch das Objektiv zu schauen. Doch sie würdigt weder mich noch meine Kamera eines Blickes und schreitet, von der Morgensonne wunderbar beleuchtet, durch die noch feuchte Wiese davon.
Wenn ich jetzt mein Objektiv auf sie richten dürfte.
Die Angst des Torwarts beim Elfmeter ist sprichwörtlich und literarisch längst verarbeitet. Die Angst des FKK-lers vor dem fremden Fotoapparat ist meist übertrieben und unberechtigt. Der Grund sind Unkenntnis und ein Wunderglaube an die Technik.
Denn man kann sagen, ob Kleinbild-, Tele- oder Zoomobjektiv, der Fotograf muss auf Sprechweite herankommen, um ein persönliches Foto machen zu können. Alles andere sind kleine Figürchen, die sich am Rande oder im Hintergrund eines Bildes neutral und nicht deutlich erkennbar tummeln.
Gebt also dem Fotografen wieder eine Chance - und wer aufs Titelbild will, muss sowieso erst mit dem Meister Kontakt aufnehmen.
Text und Fotos → © Wolfram Freutel
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Aktualisierungen:
• 12.03.2024 → Seite erstellt